Die Kompass-Reihe für Studierende

Ein Blog- und Buchprojekt von Dr. Stephan Pflaum

Wie Personaler:innen deinen CV lesen – Ein Blick hinter die Kulissen

Du hast stundenlang an deinem CV gefeilt. Die Formatierung sitzt, die Rechtschreibung stimmt, und du denkst, es sieht gut aus. Aber hast du dir mal überlegt, wie ein Personalerin deinen CV tatsächlich liest?

Spoiler: Nicht so, wie du vielleicht denkst.

In HR-Abteilungen, als Personalberater und jetzt als Referent an der LMU habe ich viele CVs gesichtet – und es gibt darin ein sehr systematisches Muster. Wenn du diesen Blick verstehst, kannst du deinen CV bewusst so gestalten, dass er genau auf die Bedürfnisse der Personaler:innen abgestimmt ist. Das ist nicht manipulativ, sondern smart.

Die drei Ebenen der CV-Analyse

Wenn eine Personalerin deinen maximal 2-seitigen CV in die Hand nimmt, passiert das meist in Sekunden. Es gibt aber eine klare Struktur, nach der dieser Blick abläuft.

1. Die Zeitanalyse: Was erzählt deine Karriere-Timeline?

Das erste, was auffällt: Die zeitliche Struktur deines Werdegangs.

Die Personalerin schaut nicht auf die Details – sie schaut auf die Geometrie deiner Karriere. Das klingt abstrakt, aber es ist sehr konkret:

Lücken & Brüche Mehr als 6 Monate ohne erkennbare Aktivität? Das wirft Fragen auf. Nicht weil es automatisch schlecht ist – aber es muss erklärt sein. War es Jobsuche, Reisen, Familie,…? Eine kurze Notiz im CV oder im Anschreiben kann Wunder wirken.

Verweildauer pro Position Hier wird es interessant: Wie lange warst du in jeder Position?

  • 6-18 Monate? Das wirkt wie „Ich bin dann mal weg“
  • 2-3 Jahre? Das ist vor allem in den ersten Berufsjahren ein guter Standard. Das vermittelt Stabilität. Nicht umsonst dauern Trainee-Programme in etwa so lange.
  • 5+ Jahre? Das zeigt, dass du dich ggf. im Unternehmen in verschiedenen Positionen entwickeln konntest. Das z.B. war mein Weg nach dem Studium in den ersten 10 Jahren. Verschiedene Aufgabengebiete in verschiedenen Bereichen einer Arbeitgeberin.

2. Die Positionsanalyse: Passt du zur neuen Stelle?

Progression erkennen Die entscheidende Frage lautet: Trägst du über die Zeit hinweg mehr Verantwortung?

Holzschnittartig

  • Im ersten Job: Assistenz
  • Im zweiten Job: Projektmitarbeit
  • Im dritten Job: Projektleitung
  • Im vierten Job: Team-Leitung

Das ist eine Karriere-Progression. Die Personalerin schaut: „Wächst dieser Mensch? Oder macht er im Grunde immer dasselbe?“

Auch Seitwärtsentwicklungen wie Branchenwechsel sind hier gerne gesehen. Da auch dies eine Form der Weiterentwicklung ist. Nicht jeder Mensch will eine Führungskarriere anstreben, sondern sich fachlich z.B. vom Junior … zum Senior… entwickeln.

Job-Titel als Hierarchie-Indikator

Der Job-Titel sagt mehr aus, als du denkst. Ein „Marketing Manager“ ist nicht das gleiche wie ein „Marketing Coordinator“ – auch wenn die Aufgaben teilweise ähnlich sind. Die Personalerin schaut auf die Hierarchie-Level, die du bisher erreicht hast. Das ist nicht eitel, sondern praktisch: Wenn sie einen Senior Manager sucht und dein höchster Titel ist „Junior Assistant“, entsteht sofort eine Diskrepanz.

Aufgabenfeld vs. Stellenanforderungen matchen

Hier wird’s spannend: Die Personalerin vergleicht deine bisherigen Aufgaben mit den Anforderungen der ausgeschriebenen Stelle.

Beispiel: Die Stelle erfordert „Erfahrung mit Kundenkommunikation im B2B-Kontext“. Wenn in deinem CV steht „Customer Support im E-Commerce“, können die meisten das miteinander verbinden. Aber wenn nichts davon ersichtlich ist, muss die Personalerin spekulieren – und das tut sie ungern.

Branchenwechsel: Chance oder Risiko?

Ein Branchenwechsel ist nicht automatisch schlecht. Aber er muss sichtbar begründet sein. Wenn du vom Marketing in die IT-Industrie wechselst, fragt sich die Personalerin: „Kann diese Person die spezifischen Anforderungen unserer Branche verstehen?“

Das bedeutet: Du musst zeigen, dass deine Kernkompetenzen übertragbar sind. Nicht „Ich habe im Marketing gearbeitet“, sondern „Ich habe B2B-Kommunikationsstrategien entwickelt – eine Kompetenz, die in der IT-Industrie gleichermaßen kritisch ist.“

Relevanz zur anvisierten Position

Dies ist die zentrale Frage. Die Personalerin schaut auf deinen CV und fragt: „Kann ich diese Person sofort produktiv einsetzen? Oder muss ich sie lange trainieren?“

Je näher deine bisherige Erfahrung zur neuen Position ist, desto schneller kann sie dir vertrauen.

3. BuzzWords & Matching: Sprichst du die Sprache der Branche?

Hier wird der CV zur Suchmaschine – denn die Personalerin sucht nach bestimmten Keywords.

Viele Unternehmen nutzen Applicant Tracking Systems (ATS) – Software, die CVs nach Stichwörtern scannt. Aber auch ohne ATS: Eine erfahrene Personalerin sucht bewusst nach bestimmten Begriffen.

Die Techstack/Tools Wenn die Stelle nach „Erfahrung mit Salesforce, HubSpot und Google Analytics“ fragt, sollten diese Tools in deinem CV auftauchen – aber nur, wenn du sie wirklich beherrscht.

❌ Nicht einfach hinzufügen, um einzusteigen ✅ Authentisch auflisten, mit Kontext

Branchenbegriffe & Jargon Jede Industrie hat ihre Sprache. In der Finanzbranche spricht man von „Compliance“, „Risikomanagement“, „Audit“. Im Marketing von „Attribution“, „Conversion Funnel“, „Customer Lifetime Value“.

Die Personalerin erkennt sofort, ob du „im Business“ bist – oder ob du nur allgemein von deinen Aufgaben sprichst.

Qualifikationen in der Sprache der Anzeige formuliert Das ist ein subtiler, aber wichtiger Punkt. Wenn die Stellenanzeige von „Stakeholder Management“ spricht und dein CV von „Zusammenarbeit mit verschiedenen Abteilungen“, sind es im Grunde dieselben Fähigkeiten – aber die Personalerin sollte das erkennen. Betrachte deine Erfahrungen quasi im Spiegel der Anforderungen aus der Stellenanzeige.


Was du jetzt konkret tun kannst

Jetzt, da du weißt, wie Personaler:innen deinen CV lesen, kannst du ihn bewusst optimieren:

1. Überprüfe deine Timeline

Geh durch deine Positionen und frag dich:

  • Gibt es Lücken über 6 Monate? Wenn ja, ergänze kurze Erklärungen
  • Zeige ich Progression? Wenn nein, überdenke die Beschreibung deiner Aufgaben
  • Stimmt die Verweildauer? Wirkt das realistisch und stabil zugleich?

2. Überprüfe deine Positionen-Beschreibungen

Für jede Position fragst du dich:

  • Würde ein Personaler diese Rolle verstehen?
  • Verwende ich die gleiche Sprache, die in meiner Zielbranche üblich ist?
  • Zeige ich, dass ich die Anforderungen der neuen Stelle erfüllen könnte?

3. Überprüfe deine Skills & Keywords

  • Schreib alle Tools und Methoden auf, die du beherrschst und wie gut du sie beherrscht.
  • Geh die Stellenanzeige durch und markiere alle Keywords
  • Schau: Welche Keywords aus der Anzeige tauchen in meinem CV auf?
  • Für fehlende Keywords: Könnten sie unter anderen Namen bei mir stehen?

4. Der CV als narrative Spur

Denk deinen CV nicht als Liste, sondern als Geschichte. Was erzählt er über deine Entwicklung? Ein guter CV sollte diese Frage beantworten: „Warum bin ich für diese Stelle die richtige Person?“


Ein wichtiger Hinweis

Ich möchte absolut klar sein: Es geht nicht darum, in deinem CV zu cheaten oder zu überzeichnen. Es geht darum, deine echten Fähigkeiten so zu präsentieren, dass Personaler:innen sie überhaupt erkennen können. Viele Studierende unterschätzen ihre vorhandenen Fähigkeiten.

Kenne deine Talente: Was hast du wo wie genau und wie gut gelernt bzw. anwenden können?

Und denk daran: Bevor ein:e Personaler:in deinen CV liest, geht meist ein sog. Parser automatisch durch den Lebenslauf. Achte daher auf ein übersichtliches zweispaltiges Format, das nicht überkomplex formatiert ist.


Fazit

Dein CV ist dein erstes Interview mit einer Personalerin. Sie hat vielleicht 30 Sekunden Zeit. In dieser Zeit schaut sie:

  1. Zeitlich: Bist du stabil und entwicklungsfähig?
  2. Fachlich: Passt du zur Stelle?
  3. Sprachlich: Sprichst du unsere Sprache?

Mehr Tipps findest Du im Kompass Digitale Bewerbung.


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